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Übereinkommen 88: Übereinkommen über die Organisation der
Arbeitsmarktverwaltung, 1948 (BGBl 596/1973)
Dieses Übereinkommen ist am 10. August 1950 in Kraft getreten.
ILO-Tagung 31, San Francisco
Die Allgemeine Konferenz der Internationalen
Arbeitsorganisation,
die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach
San Francisco einberufen wurde
und am 17. Juni 1948 zu ihrer einunddreißigsten Tagung
zusammengetreten ist,
hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend
die Organisation der
Arbeitsmarktverwaltung, eine Frage, die zum vierten Gegenstand
ihrer
Tagesordnung gehört, und
dabei bestimmt, daß diese Anträge die Form eines
internationalen Übereinkommens erhalten
sollen.
Die Konferenz nimmt heute, am 9. Juli 1948, das folgende
Übereinkommen an, das als
Übereinkommen über die Arbeitsmarktverwaltung, 1948, bezeichnet
wird.
Artikel 1
- Jedes Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation,
für das dieses Übereinkommen in
Kraft ist, hat eine öffentliche, unentgeltliche
Arbeitsmarktverwaltung
zu unterhalten oder für das
Bestehen einer solchen Verwaltung zu sorgen.
- Die Arbeitsmarktverwaltung hat zur Hauptaufgabe,
nötigenfalls in Zusammenarbeit mit
anderen beteiligten öffentlichen und privaten Stellen, die
bestmögliche
Organisation des Arbeitsmarktes
als einen wesentlichen Teil des staatlichen
Programmes zur Erzielung
und Aufrechterhaltung der
Vollbeschäftigung sowie zur Steigerung
und Ausnützung der
Produktionskräfte zu verwirklichen.
Artikel 2
Die Arbeitsmarktverwaltung hat aus einem das ganze Land
umfassenden System von
Arbeitsämtern unter Leitung einer Zentralbehörde zu bestehen.
Artikel 3
- Dieses System hat ein Netz von örtlichen und nötigenfalls
regionalen Ämtern zu umfassen.
Ihre Zahl muß zur Betreuung jedes Landesteiles ausreichen, und
ihre
Standorte müssen für Arbeitgeber
und Arbeitnehmer günstig gelegen sein.
- Der Aufbau dieses Netzes ist
- allgemein zu überprüfen,
- wenn sich bedeutsame Verschiebungen innerhalb der
wirtschaftlichen Tätigkeit und der
werktätigen Bevölkerung ergeben,
- wenn die zuständige Stelle eine allgemeine Überprüfung
als wünschenswert erachtet,
um die während einer Versuchszeit gewonnene Erfahrung
auszuwerten,
- abzuändern, wenn eine solche Überprüfung die Notwendigkeit
einer Abänderung ergibt.
Artikel 4
- Durch Einsetzung beratender
Ausschüsse ist dafür zu
sorgen, daß Vertreter der
Arbeitgeber
und der Arbeitnehmer zur Mitarbeit bei der Organisation
und Tätigkeit
der Arbeitsmarktverwaltung und
beim Ausbau der Arbeitsmarktpolitik herangezogen werden.
- Bei Maßnahmen dieser Art ist die Errichtung eines zentralen
beratenden Ausschusses oder
mehrerer solcher Ausschüsse und nötigenfalls von regionalen und
örtlichen Ausschüssen vorzusehen.
- Die Vertreter der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer in
diesen Ausschüssen sind nach
Anhörung der maßgebenden Verbände der Arbeitgeber und der
Arbeitnehmer,
soweit solche Verbände
bestehen, in gleicher Zahl zu bestellen.
Artikel 5
Die allgemeine Politik der Arbeitsmarktverwaltung ist, soweit
es sich um die Lenkung der
Arbeitskräfte nach den offenen Stellen handelt, nach Anhörung von
Vertretern der Arbeitgeber und der
Arbeitnehmer im Wege der in Artikel 4 vorgesehenen beratenden
Ausschüsse festzulegen.
Artikel 6
Die Arbeitsmarktverwaltung ist so einzurichten, daß eine
befriedigende Bereitstellung und
Unterbringung der Arbeitskräfte gewährleistet wird. Zu diesem
Zwecke
hat sie
- den Arbeitnehmern
beim Aufsuchen einer passenden
Stelle und
den Arbeitgebern beim Einstellen geeigneter Arbeitskräfte
behilflich zu sein und insbesondere
nach Vorschriften, die
für das ganze Land zu erlassen sind,
- die Stellensuchenden einzutragen, ihre beruflichen
Fähigkeiten, ihre Erfahrung und
ihre Wünsche zu ermitteln, die Frage ihrer Anstellung mit
ihnen zu
erörtern,
nötigenfalls ihre körperliche und berufliche Eignung zu prüfen
und
ihnen je nach den
Umständen zu einer Berufsberatung,
einer Berufsausbildung
oder einer beruflichen
Um- oder Nachschulung zu verhelfen,
- von den Arbeitgebern
genaue Auskünfte über die von ihnen
der Verwaltung gemeldeten
offenen Stellen und über die Erfordernisse
einzuholen, denen
die für diese
Stellen gesuchten Arbeitnehmer entsprechen müssen,
- die Bewerber, welche die erforderlichen
beruflichen und
körperlichen Fähigkeiten
besitzen, auf die offenen Stellen zu verweisen,
- den Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem
Arbeitsmarkt zwischen den
verschiedenen Arbeitsvermittlungsstellen zu regeln, sofern die
erstbefragte Stelle nicht
in der Lage ist, die Bewerber
angemessen unterzubringen oder die offenen
Stellen
angemessen zu besetzen, oder wenn sonstige Umstände
diese Maßnahme
rechtfertigen,
- geeignete Maßnahmen zu treffen zur Erleichterung
- des Berufswechsels,
um das Angebot an Arbeitskräften den
Beschäftigungsmöglichkeiten in den verschiedenen Berufen
anzupassen,
- des Ortswechsels,
um die Versetzung von Arbeitnehmern in
Gebiete mit geeigneten
Beschäftigungsmöglichkeiten zu fördern,
- der vorübergehenden Versetzung von Arbeitnehmern von
einem Gebiet in ein anderes,
um zeitweiligen örtlichen Störungen des Gleichgewichtes
zwischen
Angebot und
Nachfrage von Arbeitskräften zu begegnen,
- der Wanderungen von Arbeitnehmern aus einem Lande nach
einem anderen, soweit sie
von den beteiligten Regierungen genehmigt worden sind,
- alle verfügbaren Unterlagen
über die Lage und
voraussichtliche Entwicklung des
Arbeitsmarktes für das ganze Land und für die verschiedenen
Wirtschaftszweige, Berufe und
Gebiete, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit anderen Behörden
sowie
mit den Arbeitgebern
und den Gewerkschaften, zu sammeln und auszuwerten und diese
Unterlagen
den Behörden,
den beteiligten Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer
und der
Öffentlichkeit
planmäßig und rasch zur Verfügung zu stellen,
- bei der Durchführung der Arbeitslosenversicherung, der
Arbeitslosenfürsorge und anderer
Hilfsmaßnahmen für Arbeitslose mitzuarbeiten,
- soweit notwendig, andere öffentliche oder private Stellen
bei der Ausarbeitung von sozialen und
wirtschaftlichen Plänen zu unterstützen, die geeignet sind, den
Arbeitsmarkt günstig zu
beeinflussen.
Artikel 7
Maßnahmen sind zu treffen, die
- innerhalb der verschiedenen
Arbeitsämter die Spezialisierung
nach Berufen und
Wirtschaftszweigen -- wie Landwirtschaft oder andere
Zweige
wirtschaftlicher Tätigkeit --
gestatten, soweit eine solche Spezialisierung von Nutzen sein
kann,
- den Bedürfnissen besonderer
Gruppen von Stellensuchenden,
wie der Invaliden, in befriedigender Weise
Rechnung tragen.
Artikel 8
Innerhalb der Arbeitsmarktverwaltung und der Berufsberatung
sind besondere Einrichtungen
für Jugendliche zu schaffen und auszubauen.
Artikel 9
- Das Personal der
Arbeitsmarktverwaltung hat aus öffentlichen
Angestellten zu bestehen,
deren Stellung und Dienstverhältnisse ihnen Unabhängigkeit
von
Veränderungen in der Regierung und
von unzulässigen äußeren Einflüssen sowie,
vorbehaltlich der
Bedürfnisse der Verwaltung, Stetigkeit
der Beschäftigung verbürgen.
- Unbeschadet der von der innerstaatlichen Gesetzgebung
gegebenenfalls vorgesehenen
Bedingungen für die Anstellung im öffentlichen Dienst hat bei
der Auswahl des
Personals der
Arbeitsmarktverwaltung ausschließlich
die Befähigung der
Anwärter für
die Erfüllung ihrer Aufgaben
zu entscheiden.
- Die Art der Feststellung dieser Befähigung wird von der
zuständigen Stelle bestimmt.
- Das Personal der Arbeitsmarktverwaltung hat eine für die
Erfüllung seiner Aufgaben geeignete
Ausbildung zu erhalten.
Artikel 10
Die Arbeitsmarktverwaltung und gegebenenfalls andere Behörden
haben in Zusammenarbeit
mit den Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer und mit
anderen
beteiligten Stellen, soweit
wie möglich, Arbeitgeber und Arbeitnehmer
zu veranlassen, die
Arbeitsmarktverwaltung freiwillig und
in vollem Umfang in Anspruch zu
nehmen.
Artikel 11
Die zuständigen Stellen haben alle notwendigen Maßnahmen für
eine wirksame
Zusammenarbeit zwischen der Arbeitsmarktverwaltung und den nicht
auf
Gewinn gerichteten privaten
Arbeitsvermittlungsbüros zu treffen.
[...]
Artikel 22
Der französische und der englische Wortlaut dieses
Übereinkommens sind
in gleicher Weise maßgebend.
[Der deutsche Text ist lediglich eine zusätzliche Übersetzung.
Das
englische Orginal, das in internationalen Klagen zu verwenden ist,
finden Sie daher hier: https://www.ilo.org/ilolex/cgi-lex/convde.pl?C088
]
Veröffentlicht
auch als BGBl 596/1973 und somit in den einfachen
Gesetzesrang gehoben!
Impressum
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