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"Gemeinnütziger Personalüberlasser":
Als Arbeitsverhältnisse getarnte Zwangsmaßnahmen - erste Tipps

Letzte Aktuallisierung: 10.2.2009

Laut von SPÖ ubnd ÖVP im Herbst 2007 beschlossener Novelle des Arbeitslosenverischerungsgesetzes sollen nun auch Zuweisungen zu "Sozialökonomischen Betrieben" (SÖBs) allgemein und zu "gemeinnützige Personalüberlasser" allgemein möglich sein. Laut AlVG-Novelle soll eine derartige Beschäftigung dann zumutbar sein, wenn

1. das konkrete Arbeitsverhältnis den "arbeitsrechtlichen Vorschriften und der in den Richtlinien des Verwaltungsrates geregelten Qualitätsstandards entspricht" (§ 9 Absatz 7 AlVG). Diese haben für das konkrete Arbeitsverhältnis das zulässige Maß der überlassungsfreien Zeiten zu benennen. Ohne Überlassung in echte Arbeitsverhältnisse wäre es kein Arbeitsvertrag, siehe VwGH-Urteil 2004/08/0148 Rechtssatz 1

2. Langzeitarbeitslosigkeit alleine reicht als Begründung nicht aus, es muß mindestens eine weitere bereits erörterte und z.B. im Betreuungsplan dokumentierte "Problemlage/Vermittlungshindernis" vorliegen, die einer erfolgreichen Arbeitsaufnahme entgegenstehen. Nur dann soll laut AlVG-Novelle das AMS nicht mehr verpflichtet sein, die Gründe der Zuweisung explizit dem Betroffenen bekannt zu geben. Ob diese Gesetzesstelle vor dem VwGH als Umgehungsversuch des Allgemeinen Verwaltugnsgesetzes standhält, ist eine andere Frage ...

Tipp: Betreuungsplan immer genau durchlesen und keine unzutreffenden oder nachteiligen Darstellungen von "Problemlagen" unterschreiben, die Zwangszuweisungen zu "gemeinnützige Personalkräfteüberlasser" rechtfertigen. Der Betreuungsplan tritt dadurch zwar trotzdem in Kraft, aber es kann dann gemäß Datenschutzgesetz eine Richtigstellung der gespeicherten Daten bzw. ein Bestreitungsvermerk verlangt werden. Beides kann durch Anrufung der Datenschutzkommission kostenlos rechtlich durchgesetzt werden. Einmal im Jahr muß das AMS kostenlos über alle beim AMS gespeicherten Daten zu eigenen Person sowie der Herkunft und Weitergabe in verständlicher Form Auskunft geben. Siehe: AMS und Datenschutz

ACHTUNG: Die "Bundesrichtlinie für die Forderung Sozialökonomischer Betriebe" verlangt derzeit von SÖBs nur die Einhaltung statistischer Werte für die Mindestüberlassungszeiten (durchschnittlich zwei Drittel des Arbeitsverhältnisses, die erste "Überlassung" soll innerhalb von 3 Wochen erfolgen). Das Gesetz verlangt aber ein Qualitätskriterium für das einzelne Arbeitsverhältnis. Die "Zumutbarkeit" kann daher derzeit nicht beurteilt werden, das AMS darf daher aufgrund der mangelhaften Richtlinie genau genommen keine Sperren ausprechen, weil das verfassungsrechtliche Grundprinzip der Bestimmtheit bzw. Eindeutigkeit nicht gewährleistet ist wie überhaupt der Gesetzesauftrag im Prinzip verfassungswidrig und undurchführbar ist!

Und natürlich gelten auch dies sonstigen gesetzlichen Bestimmungen (Allgemeines Verwaltungsgesetz, Arbeitskräfteüberlassergesetz, ...) und darauf aufbauende Verwaltungsgerichtshofurteile auch weiterhin! Alleine das vom Verwaltungsgerichtshof prinzipiell aufgestellte Verbot, Wiedereingliederungsmaßnahmen in Arbeitsverträge zu kleiden, wurde durch die AlVG-Novelle 2007 ausgehebelt.

Dazu zählen folgende vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellen Rechtssätze:

  • Die Vermittlung in zumutbare Beschäftigungen geht vor die Vermittlung in AMS-Maßnahmen.
  • Durch die AMS-Maßnahme muß das festgestellte tatsächliche Defizit/Hindernis auch überwunden werden können (siehe z.B. VwGH GZ 2002/08/0262 Rechtssatz 3)
  • Die Kosten der Maßnahme sind nur dann gerechtfertigt, wenn sie auch erfolgversprechend ist.
  • Die Zuweisung muss ausreichend spezifisch und begründet sein (siehe z.B. VwGH GZ 2007/08/0026 Rechtssatz 3).
  • Das Recht auf Parteiengehör darf nicht umgangen werden! Eine Zuweisung per Post alleine wäre streng genommen rechtswidrig. (Siehe z.B. VwGH GZ 2002/08/0262 Rechtssatz 7).
  • Ein bei der Zuweisung erfolgter Rechtsmangel kann nach Beginn der Maßnahme nicht nachgebessert werden. Die Zuweisung bleibt ungültig. (Siehe z.B. VwGH 2000/19/003 Rechtssatz 4).
  • Kurs und Arbeitsverhältnis sind zu trennen. Wurde zum vorbereitenden Kurs zugewiesen, ist damit das "anschliessende Arbeitsverhältnis" nach wie vor nicht verpflichtend!
  • Kontrolltermine und AMS-Maßnahmen sind zu trennen, es wäre illegal, in einer Zuweisung gleichzeitig eine Sperre nach § 49 und nach § 10 (Vereitelung eines Arbeitsverhältnisses/einer Maßnahme) anzudrohen (siehe VwGH GZ 2005/08/0159 Rechtssatz 2). Wird nur § 49 angeführt, dann ist nur der Kontrolltermin verpflichtend, nicht aber die "Maßnahme"!
  • Ein "gemeinnütziger Personalüberlasser" ist keine "sich bietende Arbeitsgelegenheit" (siehe VwGH GZ 2006/08/0252 Rechtssatz 5). Am Ende eines Workshops/Kurses muss daher ein "Arbeitsvertrag" des "gemeinnützigen" Personalüberlassers daher auch nicht angenommen werden!

Erste Schritte:

Auf jeden Fall keine unüberlegten Schritte - Gefahr von Bezugssperren! - rechtskundigen Rat z.B. bei den Arbeitsloseninitiativen bzw. bei der Arbeiterkammer/den Gewerkschaften einholen. Vorsicht: Arbeiterkammern und Gewerkschaften geben leider aufgrund mangelnden politischen Engagements mitunter voreilige/ungenaue/falsche Rechtsauskünfte! Derartige Fälle bitte dem Arbeitslosennetz melden!

Arbeitsertrag nicht sofort unterschreiben sondern von rechtskundigen Personen prüfen lassen und einige Tage BEDENKZEIT nehmen! Eine unter Nötigung erfolgte Unterschrift unter einen Arbeitsvertrag ist auf jeden Fall rechtsungültig!

AMS-Zuweisung nicht aus der Hand geben! Es handelt sich um ein amptliches Dokument das dem in eine AMS-Maßnahme/in eine Beschäftiung zugewiesenen Menschen gehört! Der genau Wortlaut der Zuweisung ist ja auch für weitere Schritte wichtig! itworks und trendwerk neigen laut Berichten von Betroffenen dazu, als erstes gleich die Zuweisungen einzukassieren, damit deren allfällige Rechtswidrigkeit nicht weiter untersucht werden kann.

Keine Zustimmung zu einer Übermittlung von Daten geben, denn sonst wird womöglich eine angebliche Arbeitsunwilligkeit oder sonst unvorteilhaftes dem AMS mitgeteilt! Derartige Meldungen ans AMS können unter Um,ständen den Tatbestand der üblen Nachrede darstellen und können als solche eingeklagt werden und Schadensersatz für daraus folgende Kosten (AMS-Sperren) eingeklagt werden.

Informationen/Beweise sichern: Gedächtnisprotokolle über allfällig besuchte "Informationsveranstatlungen" und sonstige Kontakte mit den Personalüberlassern oder dem zuweisenden AMS anlegen. Bitte Unterlagen und Erfahrungsberichte an das Arbeitslosennetz weiter leiten, damit auch politisch und medial dagen etwas getan werden kann!

Was kann sonst noch so alles rechtswidrig sein?

Bei der Zuweisung:

  • Die Zuweisung ist unbestimmt: Die Art und Dauer der Maßnahme müssen klar hervor gehen. Auch auf welche Rechtsgrundlage die Zuweisung sich stützt. Bei Zuweisung zu einem Arbeitsverhältnis muß Art und Inhalt des Arbeitsverhältnisses sowie der Arbeitgeber klar ersichtlich sein
  • De Zuweisung ist widersprüchlich: Es wird sowohl zu einem "Kurs" als auch zu einem "Arbeitsverhältnis zugewiesen oder zu einem "Arbeitstraining" und zu einem "Workshop"
  • Es wird sowohl § 10 als auch § 49 AlVG angedroht
  • Es wird keine Begründung angeführt und auch die Ziele nicht (in diesem Fall darf das AMS nicht wegen Vereitelung sperren, siehe VwGH)
  • und vermutlich noch vieles andere. Daher: Bitte Kopie/Scan der AMS-Zuweisung ans Arbeitslosennetz schicken!

Am "Arbeitsvertrag"

  • Die voraussichtliche Art der Arbeitsleistung (siehe § 11 Arbeitskräfteüberlassergesetz bzw. § 2 Abdsatz 2 Ziffer 8 AVRAG))
  • Eine Anstellung zu einer Arbeitszeit (im überlassungsfreien Zeitraum) wesentlich unter dem Durchschnitt des zu erwartenden Beschäftigungsausmaßes festsetzen oder ein geringeres Ausmaß der Arbeitszeit für überlassungsfreie Zeiten. (siehe § 11 Arbeitskräfteüberlassergesetz)
    Tipp: Wird im "Arbeitsvertrag" eine wöchentliche "Arbeitszeit" von 30 Wochenstunden vereinbart, in den "Beschäftigerbetrieben" (in die die "Arbeitskräfte" "überlassen" werden) aber 40 Stunden gearbeitet, so kann dann auch für die überlassungsfreien Zeiten beim Arbeits- und Sozialgericht auf das Entgelt für die fehlenden 10 Wochenstunden geklagt werden
    Hintergrund: Durch den neuen BAGS-KV hätten die gemeinnützigen Personalüberlasser höhere "Löhne" zahlen müssen. Um diese Gehaltssteigerungen den betroffenen Arbeitslosen vorzuenthalten haben die gemeinnützigen Personalüberlasser einfach die Wochenstundenzahl entsprechend gekürzt!
  • Da die "gemeinnützigen Arbeitskräfteüberlasser" "Wiedereingliederungsmassnahmen" im Auftrag des AMS sind, ist das im Betreuungsplan festgehaltene Vermittlungsziel weiter maßgebend bzw. sind entsprechend dem Arbeitsmarktservicegesetz (AMSG) bei der Vermittlung von Arbeitsverhältnissen die Wünsche der Erwerbsarbeitslosen zu berücksichtigen (siehe § 29 AMSG)
  • Wird nach BAGS-KV entlohnt, dann müsste selbstverständlich bei der Einstufung die Qualifikation und das Vermittlungsziel der erwerbsarbeitslosen Menschen als Grundlage genommen werden. Eine generelle Einstellung als "Arbeiter" und das mit der untersten Einstufung müsste als rechtswirig zu beurteilen sein (ist aber noch nicht ausjudiziert).
  • Überzogene Verschwiegenheitsbestimmungen, die den ArbeitnehmerInnen jegliche Weitergabe von Informationen über den Überlasser, insbesondere über Vorgesetzte (und deren Vorgesetzte) verbieten sind rechtswidrig und dienen nur der Einschüchterung. Lediglich die Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen kann untersagt werden.

Während der "Arbeit" beim "gemeinnützigen Arbeitskräfteüberlasser

  • Eine unentgeltliche Überlassung an einen Beschäftigerbetrieb ist nicht erlaubt. Der Beschäftigerbetrieb muß selbst den Lohn nach dem für den jeweiligen Betrieb und die jeweilige Arbeit geltenden Kollektivvertrag zu entlohnen. Vordienstzeiten sollten hierbei bei der Einstufung natürlich angewendet werden, da überlassene ArbeitnehmerInnen gegenüber regulären ArbeitnehmerInnen nicht benachtteilitgt werden dürfen!
  • Arbeitserprobungen sind ebenfalls nach den Kollektivvertrag des jeweiligen Betriebs unter korrekter Einstufung inklusive Anrechnung von Vordienstzeiten zu bezahlen!
  • Für jede Überlassung hat der Überlasser einen Dienstzettel auszustellen. Verweigert der Überlasser den Dienstzettel oder entspricht dieser nicht der (grundlegenden) Vereinbarkung (Arbeitsvertrag), so muß der Überlassung nicht Folge geleistet werden (§ 11 Absatz 4 AÜG)
  • "Der Überlasser ist verpflichtet, die Überlassung unverzüglich zu beenden, sobald er weiß oder wissen muß, daß der Beschäftiger trotz Aufforderung die Arbeitnehmerschutz- oder Fürsorgepflichten nicht einhält" (§ 6 Absatz 4 AÜG)
  • In Überlassungsfeien Zeiten gelten selbstverständlich auch die Arbeitnehmerschutzbestimmungen. Computerarbeitsplätze müssen den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen. Bei Nichtbeachtung könnte eine Meldung beim Arbeitsinspektorat angebracht sein.
  • Hat der Überlasser seine Verpflichtungen gemäß Arbeitskräfteüberlassergesetz erheblich oder wiederholt verletzt und trotz schriftlicher Androhung der Untersagung gemäß § 18 Arbeitskräfteüberlassergesetz durch das Wirtschaftsministerium neuerlich verletzt, so ist das Wirtschaftsministerium verpflichtet, dem Überlasser die Überlassung von ArbeitnehmerInnen zu untersagen. Wer zum Zeitpunkt der Untersagung als Transitarbeitskraft angestellt ist, hat dann binnen 3 Monate einen vom Überlasserr verschuldeten Grund und kann sanktionsfrei das Arbeitsverhältnis lösen, das AMS darf dann keine bezugsfreie Wartefrist von einem Monat nach § 11 AlVG verhängen! Daher: Rechtsverletzungen durch den Überlasser stets an das Wirtschaftsministerium melden!

Was tun?

Sollten die rechtlichen Voraussetzungen einer mit Sperrdrohung sanktionierten Zuweisung nicht erfüllt sein bzw. die gesetzlichen Vorgaben vom gemeinnützigen Personalüberlasser (insbesondere, wenn keine echten Arbeitsüberlassungen stattfinden und stattdessen nur selbst ein Job gesucht werden soll, dann handelt es sich um keinen Arbeitsverhältnis) erfüllt werden, müsste eine sanktionslose Auflösung des "Arbeitsvertrages" möglich sein.

  • Beschwerde bei der Volksanwaltschaft
  • Beschwerde beim AMS über Mißstände beim Personalüberlasser
  • Mitteilung ans Arbeitsinspektorat über Mißachtung des Arbeitnehmerschutzes
  • Beschwerde bei Arbeiterkammer und Gewerkschaften
  • Öffentlichkeit so weit eben möglich informieren und die verantwortlichen PolitikerInnen zur Rechenschaft ziehen

Schmäh von itworks: Zur Einlullung/Einschüchterung werden vorbereitete "Einstellungszusagen" erteilt, um den wahren Charakter der Maßnahmen zu verbergen.

Weiters wird von itworks berichtet, dass Arbeitsüberlassungen an die itworks-Muttergesellschaft ÖSB erfolgen. Berichte darüber werden gesucht, um zu klären, ob es sich da um rechtswidrige Scheinüberlassungen handelt, denn in einen anderen SÖB dürfte eigentlich nicht zwangsweise überlassen werden!

Vorsicht: Das AMS versucht seine im Grunde menschenrechtswidrigen und gesetzeswidrigen Zwangsmaßnahmen stets durch neue Tricks wie der Trennung in Schulungsteil und "Arbeitsverhältnis" den Anschein der Legalität zu verleihen. Bei Unklarheiten sofort Rechtshilfe bei Arbeitsloseninitiativen und AK/ÖGB suchen und Informationen weiter geben. Auch die Zuweisung zu "Arbeitstrainings" und "Praktika" kann in vielen Fällen als illegal betrachtet werden.

Prinzipiell: Da die Verschärfungen in der AlVG-Novelle 2007 eine Antwort des AMS bzw. des Ex-Arbeitsministers Martin Bartenstein auf von Erwerbsarbeitslosen erfolgreich durchgefochtenen Beschwerden beim Verwaltungsgerichtshof darstellt, ist es wichtig, daß erwerbsarbeitslose Menschen sich politisch organisieren und weitere Verschlechterungen der Gesetzeslage verhindern! Österreich hat wichtige Menschenrechtskonventionen noch immer nicht in Verfassungsrang gehoben, weshalb mit weiteren systematischen Menschenrechtsverletzungen durch das AMS und das Sozialministerium zu rechnen ist.

Daher: Informiert bleiben - den arbeitslosennetz Newsletter abonnieren!

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